Erfahrungsberichte


Unser Abenteuer Lili (Lilka)

Liebe Hundefreunde

Das folgende Geschriebene ist unsere Erfahrung, die wir gemacht haben. Es soll ein Gedankenanstoss sein und nicht «so müsst ihr das machen»

Jeder Hund ist wie wir Menschen total anders gestrickt, jeder Hund ist ein eigenes Individuum.

Deshalb kann man nie verallgemeinern, so löst sich ein Problem.

Das bestätigt sicher auch jeder vernünftige Hundetrainer, die sagen, ich muss den Hund und seine Reaktionen erstmal sehen, bevor ich einen Trainingsvorschlag machen kann.

Es gibt aber gewisse Grundbedürfnisse eines jeden Tieres und wenn man diese etwas kennt und berücksichtigt, ist vieles schon viel einfacher.

Ich zum Beispiel habe die ganzen Jahre auf meinen Hund und seine Haltungen geachtet.

Warum reagiert er auf das so und auf anderes so? Wie steht er da? Wie sind seine Augen (Pupillen)? Was macht seine Rute? Wie verhält sich sein ganzer Körper, wenn er zum Beispiel aufgeregt ist, wenn er sauer ist, wenn er fröhlich ist?

Hundesprache ist super interessant, da läuft alles über den Körper, zusätzlich gibt es noch die verschiedenen Laute, von Knurren, Winseln, aufheulen bis zum Bellen…

 

Ich verfasse hier eine Hilfestellung, für alle, die sich Gedanken machen, sich ein Tierschutzseelchen aus dem Tierheim zu holen.

Viele haben Angst davor, weil sie eben nicht wissen, was das Hundchen alles schon erlebt hat. Oder es schreckt sie ab, wenn bereits gesundheitliche Probleme bekannt sind.

 

Natürlich muss man sich ernsthafte Gedanken machen, kann ich mir das finanziell leisten, wenn ein Tierchen krank ist/wird.

Aber das muss man sowieso, jedes Tier kostet Geld, egal ob gross oder klein, egal ob schon gesundheitliche Probleme bekannt sind oder später noch welche auftreten können.

 

Und kann ich mit jedem Charakter Hund umgehen, was brauche ich? Mit was komme ich gut bzw. gar nicht zurecht? Soll es ein grosser oder kleiner Hund sein?

Oft schrecken auch viele zurück, wenn ein Hund bereits Aggressivität zeigt oder sonst ein unerwünschtes Verhalten. Aber auch hier möchte ich dazu sagen, das kann genauso bei einem Zuchthund passieren.

 

Auch wenn man ihn von Welpen an hat. Ein paar Fehler, meistens schleichend, die der Mensch begeht und schon ist das Malheur da. Auch da spreche ich auch aus Erfahrung, mir ist dasselbe passiert.

Unser Grosser pöbelt an der Leine, wenn ein anderer Hund kommt. Wenn er frei ist, ist er völlig unsicher. Das habe ich ihm unbewusst anerzogen. Und dies wegzubringen ist bei 50 kg nicht so einfach

Deshalb habe ich immer ein Halti dabei, dass er angezogen bekommt, wenn ein Hund auftaucht, so kann ich ihn nach hinten schieben und ihm Grenzen aufzeigen, auch wenn ihm das gaaar nicht passt, aber nur so lernt er, dass er nichts zu regeln hat.

Die meisten Allüren sind vom Menschen anerzogen worden oder eben vielleicht bei einem Tierschutzhund, durch schlechte Erfahrung. Es gibt wenige, die genetisch bedingt von Anfang an aggressiv sind.

Mit entweder eigenen Hundeerfahrung oder mit Hilfe eines guten Hundetrainer sind diese «Probleme» meistens gut in den Griff zu kriegen.

Ich glaube, kein Hund wird geboren und ist dann das perfekte Hündchen, das aufs Wort gehorcht, nur lieb im Haus liegt und alles macht, wie sich das der Mensch wünscht… das ist Illusion.

Menschenkinder müssen ja auch lernen, beschäftigt und erzogen werden…

 

Es soll und ja, es muss auch so sein, dass man sich wirklich vorab schon damit auseinandersetzt.

Ich behaupte aber, dass muss man sowieso, ob nun ein Liebling aus der Zucht oder eben Tierschutz.

Ich habe 15 Jahre auf einen Hund verzichtet, weil ich ihm weder zeitlich noch finanziell gerecht worden wäre, obwohl ich Hunde über alles liebe und damit aufgewachsen bin.

Um aber trotzdem mit Hunden Kontakt zu haben, bin ich oft ins Tierheim damals bei uns in der Nähe, um spazieren zu gehen, zu spielen oder sogar kleine Trainingseinheiten zu üben.

Viele Tierheime sind froh, wenn man sie so unterstützen kann und man muss nicht ganz auf die Fellnasen verzichten.

 

Ich spreche nun aus eigener Erfahrung und ich kann nur sagen, ich würde und werde nur noch Seelchen aus dem Tierschutz ein Zuhause schenken.

Es gibt so viele ungeliebte, ausgesetzte, vernachlässigte, misshandelte Hunde auf dieser Welt, die sich nichts mehr wünschen als einfach nur geliebt zu werden, warum denn auch noch züchten? Zumal es mittlerweile so viele unseriöse Geldzüchtungen oder was genau so schlimm ist, Überzüchtungen gibt.

Und das alles auf Kosten des Hundes, der dann sein Leben lang darunter leiden muss.

Aber ja, ein jeder muss für sich selbst entscheiden und ja, auch solche Hunde können natürlich nichts dafür und haben ein liebevolles Zuhause verdient.

 

Da sind wir schon beim Thema Gesundheit.

Wir haben uns vor fünf Jahren für einen altdeutschen Schäfer aus einer Zucht entschieden, der Kleine war 10 Wochen alt und dazumal natürlich noch völlig gesund… nach 15 Jahren wieder ein Hund zu haben, was für ein Glück!

Beim ersten Tierarztbesuch kam heraus, dass er ein sogenanntes «Sportlerherz» hat, heisst, wenn er zu sehr powert und dann in die Entspannung kommt, könnte es zu Aussetzer kommen.

Hiess also, wir durften unseren Hund nicht zu sehr anstrengen mit Rennen, Spielen, Sport usw., das hätte für ihn tödlich sein können.

Ein Herzschrittmacher war auch schon ein Thema, das konnten wir aber Gott sei Dank mit ca. 2 Jahren ausschliessen. Er kann also gut mit seinem Herz leben.

Lars, so heisst unser Grosser, hat zusätzlich auch einen sehr empfindlichen Magen, darf also nur gewisse Sachen essen, sonst ist Durchfall vorprogrammiert.

Dann, ein Resultat der Überzüchtung, ist er für einen Schäfer überdimensional gross und wiegt deshalb 50 kg (ist nicht übergewichtig! Normalgewicht bei Schäfer zwischen 30 – 40 kg), ist deshalb sehr schwerfällig und hat jetzt bereits Arthrose (mit 5 Jahren!)

Hier gibt es monatlich eine Spritze gegen die Schmerzen, Physio und Zusatzfutter.

Und zu guter Letzt hat sich jetzt auch noch eine Autoimmunkrankheit herausgestellt, die seine Lefzen angreifen, auch ein Resultat der Überzüchtung. Das muss nun immer mit Kortison und Antibiotika behandelt werden, wenn es wieder auftritt.

Wir geben also im Monat nur rein für Medikamente und Therapien mindestens Fr. 200.00 aus.

Ist für uns absolut kein Thema, unser Grosser soll nicht leiden und wir tun, was wir können, um ihn schmerzfrei und gesund zu halten. Da sparen wir lieber bei uns.

Ich möchte hier nur zum Ausdruck bringen, auch ein Zuchthund kann gesundheitliche Probleme haben, meistens als Welpe nicht bekannt, die eine Stange Geld kosten… das mal einfach so am Rande erwähnt.

 

Nun, wir wollten für unseren Grossen noch ein Gspänli dazu. Auch da haben wir uns viele Gedanken gemacht. Vor allem wurde uns von vielen Seiten empfohlen, erst einen Zweithund zuzulegen, wenn der Erste erwachsen ist… also frühestens ab 3 Jahren, besser zwischen 4-5 Jahren.

Und ich muss tatsächlich zustimmen. Wir haben schnell gemerkt, wie toll unser Hund geworden ist, als wir ein Wochenende ein Welpe zu Besuch hatten, bei dem natürlich alles Wissen und Lernen auf Null stand…oje

Beim Grossen reicht einfach ein Sitz oder Warte, Platz oder Hier, das ist selbstverständlich geworden, das wurde uns da so richtig bewusst.

Das war mitunter ein Grund, dass wir uns entschieden haben, keinen Welpen zu nehmen, man fängt hier einfach bei Null nochmal von vorne an

Wir wollten unbedingt ein Hund aus dem Tierheim. Das war für uns so klar.

Wir wussten überhaupt nicht, wie er aussehen sollte. Wir hatten einfach so unsere Eckdaten, dass er/sie zwischen 1-6 Jahre sein und nicht mehr, wie 20 kg wiegen soll. Alles andere soll sich ergeben.

Die einzige Bedingung, Lars sollte sie/ihn aussuchen, da wir schlussendlich alle, wenn möglich, harmonisch zusammenleben wollten.

Wir haben uns auch Zeit gelassen, mehrere Hunde angeschaut. Für das fuhren wir unter anderem auch von Schaffhausen nach Zürich in mehrere Tierheime, einfach um Lars die Möglichkeit zu geben, sein Seelchen zu finden.

Wir haben die verschiedensten Tierheime kennengelernt. Es gab welche, da durften wir nicht mal den Grossen mitnehmen, also auch nicht vor dem Tierheim.

Oder man durfte nicht spazieren gehen. Am Besten einen Hund aussuchen und mitnehmen…geht gar nicht!

 

Im Tierheim Surber wurden wir fündig. Auch fühlte ich mich hier super aufgehoben, man merkte gleich, dass es hier nicht um eine Sache, sondern um eine Herzensangelegenheit geht.

Lars hat Lili ausgesucht, ein Angsthund aus Ungarn, mit Felldefekt… was für eine Kombi… aber er hat bei keinem anderen Hund so reagiert, wie bei ihr… sanft, beschützend und ganz bei ihr.

Wir hatten echt Respekt vor diesem Abenteuer, vor allem, wegen den Finanzen, wenn ihre Haut sich noch entzünden sollte, was bei dieser Hautkrankheit/Felldefekt durchaus sein könnte, wenn sie ausbricht.

Zusätzlich braucht sie immer mal wieder Fell- und Hautpflege, weil ihr die Haare buchstäblich ausfallen.

Das hat sich aber richtig gut entwickelt, sie hat zwar ein paar kahle Stellen, aber zum Teil wächst ihr Fell wieder nach und vor allem, sie verliert keine Haare mehr. Es könnte also zusätzlich auch noch stressbedingt gewesen sein.

Was aber nicht heissen soll, dass sie im Tierheim gestresst worden wäre! Ich weiss, dass da alle Tierchen liebevoll gepflegt werden. Aber es ist halt nicht dasselbe, wie wenn sie dann in einer Familie zur Ruhe kommen können.

Ich glaube, da stimmt mir jedes Tierheim zu. Das ist ja auch gar nicht möglich, wenn man so viele Tiere wie nur möglich eine Chance geben will, vermittelt zu werden.

Dann die ganze Bekleidung… für Sommer, dass sie sich nicht verbrennt, Winter, dass sie nicht friert, bei Regen, sie spürt jeden Regentropfen und für das restliche Wetter je nachdem einen Schutz.

Frau Siegrist hat uns aber die Zweifel genommen, einfach auch nur mit der Zusage, dass wir nicht alleine gelassen werden, egal was kommt.

Das ist für uns Sicherheit und Kompetenz!

 

Lars hat sich entschieden, wir haben auf ihn gehört und wir bereuen keine Sekunde!!!

 

Am 18.05.23 holten wir Lili ab. Wir hatten extra für sie ein paar Tage freigenommen.

Eingeschüchtert, zitternd, grosse Pupillen, Schwanz eingeklemmt stand sie da und vor lauter Angst hat sie sich noch vollgemacht. Wirklich buchstäblich ein Häufchen Elend, das nicht wusste, wie ihr geschah. Sie hat sich einfach so dem Schicksal ergeben, sie tat uns unendlich leid.

Es kommen mir jetzt noch die Tränen, wenn ich mir vorstelle, was in dem Moment in dem Hund vorgegangen sein muss. Da reissen sie einfach irgendwelche fremde Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung und sie wird irgendwo verpflanzt.

Aber es half alles nichts, wir mussten sie ins Auto bringen. Der Gedanke, dass wir ihr ein liebevolles Zuhause geben, liess uns das Mitleid und die Sorge etwas in den Hintergrund rücken.

Lars sass hinten im gesicherten Kofferraum und für sie hatten wir eine Stoffbox auf die Rückbank hingestellt.

Diese Box entwickelte sich mit der Zeit zum Leitfaden für ihr Gefühl von Sicherheit.

Heute ist diese ihr Rückzugsort für alle Situationen, die ihr Angst machen oder wenn sie einfach nur schlafen will.

Und sie hat gelernt, dass sie auch im Auto in der dieser Box sicher ist, sie steigt mittlerweile, ohne zu zögern, ein.

 

Ich sass dann hinten bei ihr.

Sie hatte also Lars hinter sich und mich neben sich, die Box war und ist immer offen, so dass sie nicht auch noch das Gefühl von «eingeschlossen» sein hatte. Ich legte eine Hand in die Box und so fuhren wir nach Hause (ca. eine Stunde). Ich beachtete sie so gut wie möglich nicht, um ihr den Druck zu nehmen. Sie entspannte sich zunehmend und war vermutlich irgendwann so erschöpft, dass sie ihr Köpfchen auf meine Hand legte und einschlief, was für ein Glücksgefühl!

Endlich zuhause, war sie natürlich wieder sehr aufgeschreckt, aber als sie Lars dann neben sich hatte, war sie sehr schnell ruhiger, von der ersten Sekunde an, hat sie sich an ihm orientiert, er gab ihr Sicherheit.

 

Lili kannte kein Haus oder Wohnung, für sie war das alles neu. Wir positionierten die Box vis-à-vis von unserem Sofa, stand aber sehr nahe am Fernseher.

Es war für sie eine grosse Überwindung, einfach nur schon das Haus zu betreten, wieder ganz gestresst.

Ich nahm sie auf den Arm und führte sie gleich zur Box, wo sie sich auch dankbar hineinflüchtete und sich nicht mehr blicken liess.

Wir liessen die Box aber offen, sie sollte selbst bestimmen, wann sie soweit war, eventuell rauszukommen.

 

Wir waren natürlich auch etwas verunsichert, wie sollen wir reagieren? Wie können wir ihr helfen?

Ich fing dann an, Lars zu beobachten. Er lag ca. 2 Meter vor der Box und schlief dann irgendwann ein, aber immer wachsam, um zu reagieren.

Sprich, lass sie einfach in Ruhe ankommen, gib ihr Zeit, sich an alles zu gewöhnen. Beachte sie nicht weiter, das verunsichert sie. Bleib einfach cool.

Auch draussen beobachtete ich ihn, wie er mit ihr umging. Er war wie immer, aber mir fiel auf, dass er sie unauffällig aufs genaueste beobachtete. Sobald sie etwas zurückblieb, blieb er stehen, legte sich hin und wartete, bis sie wieder kam, dann beachtete er sie wieder nicht mehr

Er animierte sie zum Spiel, liess jedoch auch gleich wieder ab, weil er merkte, dass sie überfordert war. Erst später liess sie sich auch darauf ein, er hat ihr einfach diese Zeit gelassen, bis sie von sich aus kam.

 

Anfangs liess ich ihr das Gstältli noch an, Futter und Wasser stellte ich ihr vorsichtig in die Box und ging wieder.

Sie frass, Gott sei Dank, das war unsere grösste Sorge, da sie eh schon so dünn war (genetisch bedingt)

Wir versuchten uns so natürlich wie möglich zu verhalten. Uns nicht zu verstellen, ihr nicht zu grosse Aufmerksamkeit zu schenken, sie einfach lassen.

Wir wollten so wenig Druck auf sie ausüben, wie es ging, was bei so einem Angsthund sehr schnell passiert.

 

Bei uns läuft der Fernseher eigentlich immer, wenn wir zu Hause sind, was für ein riesiges Monster für Lili!

Heute ist er ihr Freund, im Gegenteil, wenn der nicht läuft, meint sie, dass wir raus oder ins Bett gehen

 

Natürlich mussten wir sie halt leider zwingen, mit uns rauszugehen, um ihr Geschäft zu machen. Dies versuchten wir immer damit, in dem wir sie so sanft wie möglich anleinten und dann einfach Richtung Türe liefen.

Immer wieder flüchtete sie ganz hinten in die Box, wenn wir wieder zurückkamen. Lars positionierte sich immer 2 Meter vor ihr.

Die erste Nacht war zuerst für sie Stress pur. Wir stellten eine zweite Box bei mir neben das Bett und um sie zu schützen, schlossen wir die Box zu. Das war aber so schlimm, offenbar muss sie ein Trauma erlebt haben. Sie hat gekratzt, gewinselt, sich gegen die Box gewehrt.

Ich öffnete die Tür und liess sie raus, schloss die Schlafzimmertüre, dass sie sich zumindest nicht allein im grossen Haus verirrt.

Wir legten eine Matratze mit einer Hundedecke auf den Boden, die sie sofort annahm und seither ist das ihr Schlafplatz, auf dem sie friedlich schläft.

 

Nach dem dritten Tag fing sie dann doch an, sich langsam zur Öffnung der Box zu bewegen und sich dort hinzulegen. Ich wurde auf dem Sofa aufs genauste beobachtet, Glücksgefühle pur!

Natürlich war sie noch schreckhaft, aber sie fing wirklich regelmässig an, sich immer mutiger aus ihrem Schutz zu lösen.

Nach ca. einer Woche, fing sie an sich umzusehen, dieses Monster machte aber immer noch so komische Geräusche, die sie einfach nicht einordnen konnte, bis sie doch den Mut fand und vorsichtig zum Fernseher lief, um alles abzuschnüffeln… und siehe da, sie hat es verstanden… der tut mir nichts.

Mit jedem Tag weitete sich ihre Runden, sie fing an, es sich auf dem Sofa bequem zu machen, mit gebührendem Abstand zu uns wohlgemerkt, aber sie entspannte.

Sie träumte anfangs wirklich sehr viel, oft heulte sie im Schlaf. Herzzerreissend, der Impuls sie zu trösten, war enorm. Aber wir mussten sie lassen, der beste Verarbeitungsprozess…

 

Anfangs machte sie auch ihr Geschäft im Haus, was ja nicht verwunderlich ist, wenn sie es nicht kennt.

Wir kannten das ja bereits von Lars als Welpe, hiess für uns also, alle zwei bis drei Stunden kurz raus.

Als wir das erste Mal mit ihr spazieren gingen, machte sie noch auf die Strasse, für uns völlig neu.

Aber sie lernte schnell, wie schön es doch auf dem Rasen ist und innerhalb kürzester Zeit hat sie verstanden, dass sie draussen machen soll.

Also passierte das Malheur höchstens 3–4-mal, danach war sie sauber.

 

Genauso fing sie an, unsere Sofakissen zu fressen, ja wirklich fressen… wir hatten nicht das Problem, dass die Kissen hin sind, die kann man ersetzen, aber dass sie den Inhalt frass, machte uns Sorgen.

Natürlich passierte das nur, wenn wir nicht da waren. Also was tun? Vor allem, warum machte sie das?

Kurz zur Erklärung, ich stehe morgens um fünf auf, gehe arbeiten und bin um vier nachmittags wieder zuhause, mein Männe geht um drei nachmittags arbeiten und kommt um zwölf nachts nach Hause.

Er schläft dann morgens meistens bis zum Mittag.

Da Lars auf mich fixiert ist, ist er meistens da, wo ich bin. Bin ich am Arbeiten, freut er sich zwar übers Herrchen, wartet aber meistens irgendwo auf mich. Heisst, er kann sich im ganzen Haus frei bewegen.

Deshalb liessen wir beide, wenn ich zur Arbeit ging, frei herumlaufen, die Schlafzimmertüre aber offen, sie konnten jederzeit zu Herrchen.

 

Nun mussten wir eine Lösung wegen den Kissen finden. Diese einfach nur wegzulegen, hätte wohl nichts gebracht, dann hätte sie womöglich etwas anderes angenagt.

Wir wollten die Ursache finden, es musste etwas mit ihrer Angst zu tun haben.

Hier war auch wieder wichtig, sich nicht einfach ein Urteil zu bilden, nach Menschenart… oft wird das mit Langeweile oder Frechsein des Hundes bewertet… Deshalb, erst mal sich fragen, welche Bedürfnisse des Hundes sind nicht gedeckt, dass er an den Kissen nagen muss?…

Das tat sie entweder, wenn mein Mann schlief oder die eine Stunde, in der sie allein waren.

Wir haben dann einen Versuch gestartet, so nach dem Ausschlussverfahren fingen mir mit folgendem an…bevor ich zur Arbeit ging, sie runter zu Herrchen zu bringen und die Schlafzimmertüre zu schliessen.

Das war tatsächlich gleich des Rätsels Lösung! Für sie war das grosse Haus (ist nicht gross, für sie aber schon) einfach zu viel, sie war regelrecht überfordert und gestresst, auch wenn Lars ruhig lag.

Deshalb hat sie ihren Stress in die Kissen und deren Inhalt kompensiert.

Durch das Begrenzen mit dem Schlafzimmer, haben wir ihr Sicherheit geben können und seither hat sie nichts mehr angenagt.

Wieder einen Schritt in die richtige Richtung.

 

Jede Veränderung, z.B. ein Pullover auf dem Tisch, bedeutete für Lili…. «Huuuu, ein neues Monster!» 

Wir mussten wirklich aufpassen, unbewusst Veränderungen herbeizuführen und merkten sehr schnell, wie wichtig für sie regelmässige Rituale sind, an die sie sich halten kann.

Das waren wie Leitplanken für sie, an denen sie sich orientieren konnte. Zu diesen Leitplanken fügten wir immer ein kleines Stückchen dazu, sobald sie sich wieder sicher fühlte. So lernte bzw. lernt sie immer Neues dazu.

Und mit jedem Neuen, dass sie lernt, wird sie ein Stückchen selbstbewusster.

 

Da sie sich draussen einiges sicherer fühlt (wir wohnen schon fast alpenhaft auf dem Land) fingen wir mit Training auch draussen an.

Unsere Hunde müssen keine Leistung bringen, heisst müssen auch nicht alles können.

Wir haben drei Punkte, die für uns wichtig sind, der Wichtigste ist der Rückruf! Dann kommen das Warten und das Aus, falls sie mal was von der Strasse aufnehmen.

Anfangs liessen wir Lili viel Freiraum mit einer 10 Meter Schleppleine, damit sie sich nicht bedrängt fühlt.

Wir fingen an zufällig Poulet Stückchen vor ihr in den Rasen zu werfen, die sie dann auch erst zögerlich, heute mit Begeisterung sucht. Heute fliegen die Poulet auch weiter

Sie fing dann an, auf uns zu achten, ob noch ein Stückchen fliegt.

Mit jedem Stück nannten wir ihren Namen und dazu noch das «such».

Jedes Mal wenn sie uns ansah, bekam sie eine Belohnung wieder mit ihrem Namen.

 

Irgendwann liess ich die Schleppleine los, bereit darauf zu stehen, falls sie ausrücken wollte.

Tat sie aber nicht… sie blieb immer in unserer Nähe, so fingen wir an sie mit ihrem Namen zu rufen, wenn sie sich weiter entfernte.

Das funktioniert perfekt, sie kommt sofort angerast, wenn wir sie rufen oder pfeifen. Für den Rückruf und nur für den, haben wir die Leberpaste, die lieben beide über alles.

Die Schleppleine liessen wir immer dran, wechselten auf 5 Meter. Aus dem einfachen Grund, sobald wir sie anleinen wollten, war das schon wieder zu viel für sie und sie flüchtete immer, sobald wir uns ihr näherten.

Wir mussten jedoch auch mal einem Auto ausweichen oder es kommt ein anderer Hund, deshalb liessen wir die Schleppi dran, so konnten wir einfach das Ende nehmen und sie war gesichert.

Erst seit einer Woche lasse ich sie ganz frei und übe fleissig das Anleinen mit ihr, indem ich sie rufe, ihr den Karabiner der Leine hinhalte, an dem sie immer zuerst schnüffelt und dann kann ich sie anleinen, sie hat es verstanden und setzt sich sogar hin.

Wieder ein Ritual, man muss ihr einfach alles in Ruhe erst zeigen, abschnüffeln lassen, damit sie sich mit allem auseinandersetzen kann.

 

Das Suchspiel ist zum Ritual geworden, beide freuen sich immer darauf, wenn sie suchen dürfen.

Das Aus mussten wir ihr schnell beibringen, indem wir sie an der Leine ruckelten und bestimmt nein sagten, sobald sie etwas in ihre Schnauze nahm, und das tat sie leider oft, von Dreck bis zu Steinen.

Als Ersatz, wenn sie es ausgespuckt hatte, haben wir ihr sofort ein Poulet gegeben. So hatte sie schnell gelernt, dass sie nichts auflesen soll.

Im Moment üben wir das Warten, kleine Schritte rückwärts, während sie warten muss, dann wieder zurück und Belohnung rein… Lili lernt unheimlich schnell

 

Sitz und Platz geht bis heute noch nicht, sobald wir sie animieren wollen, merken wir gleich, wie sie wieder in den Stress fällt. Weil wir vor ihr stehen, das heisst, das ist immer noch zuviel Druck auf sie. Da brechen wir sofort wieder ab.

Versuchen es aber immer mal wieder, auch ritualmässig.

Ebenso ist es ihr immer noch ein Graus, wenn wir Halsband, Gstältli und je nach Wetter Kleidung anziehen müssen, aber sie hat begriffen, dass es sein muss und hält tapfer hin.

Auch das ist ein Ritual, sie versteckt sich immer unter dem Esstisch, ich laufe um den Tisch mit dem, was ich anziehen möchte, und sage ihr, komm, wir ziehen an. Dann rennt sie zur Haustüre setzt sich ganz nah an der Wand hin und hebt die linke Pfote…

Wir machen dann immer während dem Anziehen «küss die Hand schöne Frau»

Das ist auch die Position, wo ich sie mal untersuchen kann, sei es in die Ohren schauen oder Zecken usw. da hält sie schön hin.

 

Es wird Sachen geben, die wir nie hinbekommen oder wo sie die Angst nie verlieren wird, z.B. Tierarzt, fremde Menschen usw. aber damit können wir sehr gut leben.

Ich darf netterweise Lars immer zu den Tierarztbesuchen mitnehmen. Sie ist da aber schon sehr gestresst und lässt immer alles mit starrem Körper über sich ergehen.

Es hilft ihr aber ungemein, dass einerseits der Grosse dabei ist, und ich halte sie während der ganzen Untersuchung fest.

 

Sie ist und bleibt ein Angsthund. Aber durch das, dass sie uns immer mehr vertraut, geben wir ihr Sicherheit und nehmen ihr damit wiederum die Angst.

Wichtig dabei ist, Mitleid nicht mit Sicherheit zu verwechseln. Ihr nützt es nichts, wenn wir mit ihr «weinen», dann weint sie noch mehr.

Sie braucht jemanden der ihr sagt «komm, dass schaffen wir gemeinsam, ich helfe dir und beschütze dich!»

Allein schon mit diesen Gedanken, strahlt man eine ganz andere Körperhaltung aus, das merkt der Hund sofort.

Das gibt ihr Selbstvertrauen und sie kann sich an uns orientieren.

 

Ich finde, jeder Mensch, der sich aus Liebe einen Hund holt, sollte auch noch etwas auf sich selbst hören. Oft entscheidet man nämlich auch intuitiv und das ist oftmals auch richtig.

Und ich meine auch, man darf sich Hilfe holen, wenn ich das Gefühl habe, nun komme ich nicht mehr weiter.

Aber bitte nicht gleich aufgeben und zurückgeben, dass ist das Schlimmste, was man einem Tier antun kann! Es braucht einfach Zeit, manchmal Monate, ja Jahre, bis alle einen Weg gefunden haben, sich zu finden.

Vor allem der Hund, der ja nun eine Odyssee hinter sich hat, muss erst mal Vertrauen gewinnen, der weiss ja nicht, wie gut wir es mit ihm meinen.

Seid euch dessen wirklich bewusst und bringt diese Zeit und Geduld mit!

Wenn diese «schwierige» Zeit durchgestanden ist, finde ich persönlich, gibt es nichts Schöneres als das Gefühl von bedingungsloser Liebe, die dann zurückkommt. Das Vertrauen und Loyalität, dass einem entgegengebracht wird, ist unbeschreiblich.

Als sie das erste Mal zögerlich gekommen ist und das Köpfchen zum Streicheln hingehalten hat, das sind Momente, da könnte ich vor Glück heulen und von denen gibt es Unmengen

 

Es ist nicht immer alles rosig und auch wir erleben Rückschritte, aber diese Zeit und Geduld müssen wir uns nehmen, sie hat es mehr als verdient!

 

Und ja, sie hat schon eine Menge Selbstvertrauen gelernt und läuft fröhlich durch die Welt, ein Goldschatz den wir, wie unseren Grossen, über alles lieben und nie mehr hergeben würden…

 



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Schauenbergstrasse 100

8046 Zürich

Tel.: 044 371 86 17 

(8.00 - 19.00)

 

Tel.: Mobile 079 241 57 80

(Mo-Sa von 9.00-18.00)

tierheim@tierheim-surber.ch

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Mo bis Sa 10.00 - 12.00 

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Tierhilfswerk

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